Das Internationale Mädchen- und Frauenzentrum der EJSA ist ein geschätzter Anlaufpunkt in Hof, der in seiner Gemütlichkeit und Vielfältigkeit sowohl Ruhe- als auch Möglichkeitsraum ist. Im Garten gibt es Platz für Feste, Sport und die Pflege eigener Beete. Sowohl für Kinder als auch für Erwachsene gibt es viele Angebote - darunter die des Projekts „Perspektive: Neue Heimat“.
Dreh- und Angelpunkt des Projekts sind die Treffen des Internationalen Mädchen- und Frauencafés. Es ist ein Begegnungsraum für geflüchtete Mädchen, Frauen und ihre Kinder, Migrant*innen und Einheimische. Wenn keine Pandemie dazwischenkommt, treffen sie sich wöchentlich im Internationalen Mädchen- und Frauenzentrum der EJSA in Hof, tauschen sich aus, machen Ausflüge, feiern gemeinsam Nikolaus, Zuckerfest, Weihnachten oder den Weltfrauentag. Ein wichtiger Teil der Treffen ist die Informationsvermittlung, zum Beispiel zu Fragen rund um das Schul- oder Gesundheitssystem und zu den Corona-Verordnungen. Manchmal stellen sich auch Einrichtungen und Kooperationspartner in Hof bei den Frauen und Mädchen vor oder einzelne Teilnehmerinnen bereiten relevante Informationen für die Gruppe vor und geben sie dann bei einem Gruppentreffen weiter. Aber auch gemeinsame Kreativnachmittage oder sportliche Aktivitäten werden gerne angenommen.
Ohne ehrenamtliche Unterstützung würde es solch eine Vielfalt an Angeboten nicht geben. So wird auch für die kleinen Kinder parallel zu den Gruppentreffen eine pädagogische Betreuung in einem Spielzimmer mit vielen Anregungen angeboten. Dadurch können auch Mütter zum Mädchen- und Frauencafé kommen, wenn sie keine Kinderbetreuung haben.
Ergänzend bietet das Projekt eine niedrigschwellige Beratung an. Die mehrsprachigen Projektmitarbeiterinnen unterstützen beim Verstehen von wichtigen Briefen, beim Ausfüllen von Anträgen und sie begleiten zu Behörden. Vieles davon wird momentan auch telefonisch oder per Messenger geleistet. Wichtig ist ihnen dabei, die Vorgänge gut zu erklären und die Ratsuchenden dabei zu unterstützen, ihre Anliegen zunehmend selbst regeln zu können.
„Empowerment ist die Selbstbemächtigung und Selbstbefähigung eines jeden einzelnen Individuums sich in dieser Gesellschaft einzubringen und etwas zu bewirken. Aufgrund spezieller Ressourcen und lebensweltbezogener Biografien stellt jede Person eine Besonderheit dar und kann etwas in Zusammenspiel mit anderen Menschen verändern.“
Cassandra Nader, Projektmitarbeiterin in Hof
Die Anliegen und Erwartungen der geflüchteten Frauen haben sich in den letzten Jahren gewandelt. Wo vor ein paar Jahren noch allgemeine Informationen zu Spracherwerb oder Schul- und Arbeitswelt gefragt waren, stehen nun spezifischere Themen im Fokus. Dazu gehört beispielsweise die konkrete Arbeits- oder Ausbildungsplatzsuche, die Bewältigung von psychischen Belastungen, der Umgang mit fehlenden familiären Netzwerken in der neuen Heimat oder bei Jugendlichen die Herausforderungen ihres Aufwachsens in der neuen Umgebung mit Fragen rund um Identität, Zugehörigkeit und Freiheit.
Ein besonderes Ereignis: Bei der Busfahrt nach München zu einem Politikerdialog im Landtag war der Bus zur Hälfte mit geflüchteten Frauen und zur Hälfte mit deutschen Senior*innen besetzt. Die Geflüchteten hatten aufgrund der besonderen Exkursion gute Laune und wollten dies durch Singen, laute Musik und viele Gespräche miteinander teilen. Dies stieß auf den Unmut einiger Senior*innen, während andere sich kaum gestört fühlten und sich über diese Unterhaltung freuten. Im Landtagsgebäude und beim Mittagessen konnten dann viele interreligiöse und interkulturelle Dialoge unter den Teilnehmer*innen stattfinden, die Spannung löste sich auf. |
Die Pandemie ist eine große Herausforderung für die Projektarbeit. Die Treffen des Internationalen Mädchen- und Frauencafés finden aktuell virtuell statt. Durch das Café sind Freundschaften und vertrauensvolle Beziehungen gewachsen, auf die nun aufgebaut werden kann. Die Frauen unterstützen sich solidarisch in alltäglichen Angelegenheiten. In einer Messenger-Gruppe wurden mehrsprachige Informationen zur Corona-Pandemie und vielen weiteren relevanten Themen weitergegeben, Beratungen finden online und telefonisch statt. Im Sommer 2020 gab es Treffen in kleinen Gruppen. So konnte der Kontakt gehalten und die Projektarbeit fortgeführt werden. Die Gruppe wird sich trotzdem wieder neu finden müssen, wenn Treffen wieder möglich sind. Dann steht die Reflexion und Aufarbeitung dieser Zeit an: Was haben die einzelnen Frauen und Familien in dieser Zeit durchlebt? Welche Themen sind in den Hintergrund getreten? Welche Pläne und Perspektiven haben sie nun? Manches ist noch nicht absehbar, doch die Gruppenarbeit soll weiter eine wichtige Rolle spielen. Denn die dort entstehenden Beziehungen und Netzwerke sind eine wichtige Motivation und Unterstützung auf dem Weg des Empowerments.
Weitere Informationen:
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