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Stiftung Anerkennung und Hilfe hat ihre Ziele erreicht

Stiftung Anerkennung und Hilfe hat ihre Ziele erreicht

Heimkinderzeit der Behindertenhilfe und Psychiatrie

 

Die von Bund, Ländern und evangelischer und katholischer Kirche (sowie deren Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie) errichtete Stiftung Anerkennung und Hilfe, die am 01.01.2017 ihre Arbeit aufgenommen hatte, hat ihre Ziele erreicht. Unter anderem wurden rund 245 Millionen Euro an etwa 24.000 betroffene ehemalige „Heimkinder“ ausgezahlt. 

Aufgabe der Stiftung war es, Betroffene, die zwischen 1949 und 1975 als Kinder oder Jugendliche in der Bundesrepublik Deutschland bzw. zwischen 1949 und 1990 in der DDR in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder der Psychiatrie Leid und Unrecht erfahren haben und heute noch an den Folgen leiden, zu unterstützen. Dies sollte mit den nachfolgenden Zielsetzungen erreicht werden:

  • die damaligen Verhältnisse und Geschehnisse öffentlich anzuerkennen,
  • wissenschaftlich aufzuarbeiten und 
  • das den Betroffenen widerfahrene Leid und Unrecht durch Gespräche individuell anzuerkennen. Als Bestandteil der individuellen Anerkennung erhielten Betroffene finanzielle Anerkennungs- und Unterstützungsleistungen. Damit sollte ein Beitrag zur Verbesserung der aktuellen Lebenssituation der Betroffenen geleistet werden. 

In der abschließenden Sitzung der Errichter der Stiftung am 28. März 2023 konnte gemeinsam festgestellt werden, dass die Stiftung nach über sechs Jahren Stiftungslaufzeit ihre Zwecke und Ziele weitgehend erreicht hat. Entsprechend der vertraglichen Grundlagen der Stiftung wurde deshalb die Beendigung der Stiftung beschlossen.

Staatssekretär Dr. Rolf Schmachtenberg vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales hielt beim Abschluss fest, dass die Entwicklung und Umsetzung der Stiftung eine „kleine Erfolgsgeschichte“ sei. Mit der intensiven Vorarbeit im Vorfeld der Stiftungsgründung und den sukzessive entwickelten Arbeitsgrundlagen (Satzung, Verwaltungsvereinbarung, etc.) wurde eine stabile Basis gelegt, die das Erreichen der von den Errichtern gesetzten Ziele ermöglicht hat.

Die Stiftungsgründung geht zurück auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages. Auch das große Engagement der beiden konfessionellen Bundesfachverbände „Bundesverband evangelische Behindertenhilfe“ (BeB) und „Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie“ (CBP) hatten zur Einrichtung der Stiftung beigetragen. Es ging bei der Gründung auch um eine Gleichbehandlung gegenüber dem Heimkinderfonds, der für Betroffene aus Einrichtungen der Kinder-/ Jugend- und Erziehungshilfe eingerichtet worden war.

Folgerichtung waren beide Fachverbände auch im Lenkungsausschuss, dem zentralen Steuerungsorgan der Stiftung, vertreten, dem ansonsten die Vertreter*innen der Errichter (Bund, Länder, Kirchen/kirchliche Wohlfahrtsverbände) angehörten. Dadurch war es während der gesamten Stiftungslaufzeit von 2017 bis zum Frühjahr 2023 möglich, die besonderen Erfahrungen aus diesen Arbeitsfeldern in die Diskussionen und Beschlussfassungen einzubringen und dabei immer wieder den Blick auf die Situation der Betroffenen vor Ort zu richten und die Rückkoppelung mit der Praxis (den Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie) herzustellen.

Die unterschiedlichen Aktivitäten der Stiftung und ihrer Errichter haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für diese Thematik geweckt und verstärkt werden konnte. Wesentliche Faktoren für diesen Erfolg waren die öffentlichkeitswirksam durchgeführten Veranstaltungen der Stiftung und der beteiligten Institutionen, vor allem aber die unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitung der damaligen Geschehnisse. Zu betonen ist hierbei, dass zahlreiche Einrichtungen aus Caritas und Diakonie durch die gute Vernetzung mit ihren Spitzen- und Fachverbänden für dieses mehrjährige Forschungsvorhaben gewonnen werden konnten. Entscheidend für den Erfolg war auch die Einbindung der Selbsthilfeverbände und Interessensvertretungen, die in einem unabhängigen Fachbeirat den gesamten Prozess der Stiftung kritisch begleitet haben.

Schätzungsweise bis zu 256.000 Kinder und Jugendliche waren in der Zeit von 1949 bis 1975 in der alten Bundesrepublik und von 1949 bis 1990 in der DDR stationär in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder der Psychiatrie untergebracht. Durch die Arbeit der Stiftung konnte nun belegt und öffentlich gemacht werden, wie es den Kindern und Jugendlichen in diesen Einrichtungen ergangen ist und mit welchen Folgen sie Zeit ihres Lebens zu kämpfen haben.

Von 2017 bis zum Frühjahr 2023 hat die Stiftung rund 245 Mio. Euro an 23.837 Betroffene ausgezahlt, weil sie körperliche, psychische oder sexualisierte Gewalt, ungerechtfertigte medizinische und therapeutische Maßnahmen und anderes Leid und Unrecht über sich ergehen lassen mussten und heute noch an Folgewirkungen leiden. Durch das Engagement aller Beteiligten, insbesondere auch der Mitarbeitenden in den sogenannten „Anlauf- und Beratungsstellen“, die die Basisarbeit geleistet und die Gespräche mit den Betroffenen geführt und die Antragstellung vorbereitet haben, ist es der Stiftung gelungen, alle Personen, die sich innerhalb der Anmeldefrist gemeldet und die Voraussetzungen für Stiftungsleistungen erfüllt haben, finanzielle Anerkennungs- und Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen.

Der Stiftung ist es gelungen, gesellschaftliche Aufmerksamkeit für Unrecht und Leid der Heimkinderzeit in der Behindertenhilfe und Psychiatrie zu wecken und zu vertiefen. Das von den Betroffenen erlittene Leid und Unrecht wurde öffentlich, individuell und wissenschaftlich aufgearbeitet und anerkannt.

Darüber hinaus wurden Impulse für das Wachhalten der Erinnerung an das Geschehene gegeben. Vor allem die Ergebnisse der wissenschaftlichen Aufarbeitung, aber auch die von Betroffenen im Fachbeirat der Stiftung) mitentwickelte Initiative, Gedenktafeln an Einrichtungen anzubringen, bereichert die vielerorts stattfindende Aufarbeitung und führt zu weiterführenden Initiativen. Denn trotz grundlegend veränderter Rahmenbedingungen gilt es auch heute wie in Zukunft, das Wissen über geschehenes Unrecht präsent zu halten und wachsam zu bleiben, damit Fehlverhalten und Missstände erst gar nicht entstehen. Es gilt, aus der Würdigung der Opfer heraus für die Zukunft zu lernen. Alle Beteiligten, das heißt die Politik, die Einrichtungsträger, die Aufsicht, die Leistungsträger, die Einrichtungen vor Ort sowie die Berufsverbände und (Aus-) Bildungsstätten sind daher aufgefordert, sich mit den Erkenntnissen der Stiftung auseinanderzusetzen und Schlüsse für ihre Arbeit daraus zu ziehen.

Alle Hintergrundinformationen einschließlich eines umfassenden Abschlussberichts der Stiftung Anerkennung und Hilfe erhalten Sie auf der Website des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) unter www.stiftung-anerkennung-und-hilfe.de

Rolf Drescher (vorm. Geschäftsführer des BeB)
Dr. Thorsten Hinz, Vorstand der Nieder-Ramstädter Diakonie (vorm. Geschäftsführer des CBP)

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